Chapi schaut die Uhr an. Seine Zeit ist da, er weiß es! Seine Gedanken sind ernst und klar.
“Ich werde dieses Mal gewinnen.”, sagt er sich, “Meine Feindin hat keine Chance…!”
Chapi schaut die Uhr an, kann sie aber nicht verstehen. Er ist schließlich nur ein kleiner Hund.
Aber sein Herrchen schaut immer ernst die Uhr an, bevor er etwas unternimmt. Und diese Zeit ist eine ernste Zeit für Chapi, ernster als je zuvor!
Chapi rennt durch die Wohnung, weil er sich sicher sein möchte, ob alles laut Plan laufen kann. Er ist unruhig. Er bellt zu Edgard, dem Papagei.
Edgard sitzt in dem Käfig und kann nicht viel machen, aber seine Kraft ist nicht zu unterschätzen und Chapi weiß es.
Edgard ist ein alter Vogel, der viel Erfahrung hat und sich gut in der Menschensprache auskennt. Chapi kennt ihn seit seiner Welpenzeit. Wenn sein Herrchen ihm komische Befehle gab, zeigte ihm Edgard wie man sitzt, wie man rollt und springt, wie man tot tut und wann man nicht bellen soll. Edgard ist in Chapis Augen ein Lehrer, dessen Weisheit unerschöpflich ist!
Chapi bellt kurz und Edgard nickt. Sie verstehen sich. Jetzt kann man nur noch auf den Feind warten… Und warten… Und warten. Die Spannung ist für Chapi unhaltbar, doch aufgeben will er nicht, kann er nicht!
Chapis Ohren heben sich, man kann Schritte hören. Er knurrt… Edgard ruft ihm kurz zu und Chapi beruhigt sich. Jetzt ist keine Zeit für Fehler. Man hört die Absätze der Frau lauter und lauter… Es klingelt! Chapi will wie sonst kläffen und außer sich werden! Er kann seine Feindin von hier schon riechen, so ein schrecklicher Geruch, der durch die Tür kommt! Sein Herz mag rennen, aber Chapi bleibt still. Wenn er gewinnen möchte, muss er, ja er muss ruhig bleiben!
Sein Herrchen öffnet angespannt die Tür. Die Frau, die einen riesig großen Fellmantel trägt, ist Chapi nicht wichtig. Was wichtig ist, ist was die Frau auf dem Kissen trägt.
Chapi schaut seiner Feindin direkt in die Augen und sie erwidert frech und arrogant sein Blick. “Prinzessin Consuela…”, denkt er sich, “Wir treffen uns wieder.”
Die weiße Katze springt von dem Kissen in den Flur. Sie geht zielgerichtet zu Chapis Futternäpfchen und erledigt dort ihr Geschäft. Währenddessen verliert sie nicht den Augenkontakt. Chapi ist geduldig. Er lässt sich nicht mehr provozieren. Er weiß, dass es das letzte Mal war, dass sie seinen Futternapf so respektlos und verachtend beschmutzt.
Sein Herrchen hilft der Frau den Mantel auszuziehen und heißt sie willkommen. Prinzessin Consuela hingegen springt auf den Tisch und guckt Edgard mit lüsternen Augen an. Schon wieder möchte sie ihn fressen! Doch Chapi weiß zu gut, dass man sich mit Edgard nicht anlegen soll.
Es ist schade, dass das Herrchen nie etwas dagegen macht. Prinzessin Consuela gehört seiner Tante, vor der er, seitdem er ein kleiner Junge war, Angst hat. Sie kommt ziemlich oft zu Besuch und bringt ihre Terror-Katze immer mit sich. Chapi will diese Anschläge zu Ende bringen!
Der Hund und der Papagei schauen sich selbstbewusst an. Sobald das Herrchen und seine Tante vorbeigehen, entfesselt Edgard seine tödliche Macht:
“Quah! Arrogante Frau.”
Die Frau bleibt überrascht im Flur stehen. Edgard spricht weiter:
“Freche Frau, unerzogene Katze. Quah – die Tante ist so schlimm – quah!”
“Wie bitte?!”, guckt die Frau empört zu ihrem Neffen.
“Ich schwöre.”, erklärt sich der junge Mann, “Ich weiß nicht, von wo Edgard diese Worte gelernt hat!”
“Und die Katze ist ein Monster, keine Prinzessin – Quah – Die Tante genauso, die Tante genauso!”
„Edgard!“, ruft ihn sein Herrchen an, „Es ist genug!“
Es ist tatsächlich genug. Empört hebt die Tante ihre Katze zurück auf das Kissen und beleidigt verlässt sie die Wohnung. Chapi kann noch durch das Fenster sehen, wie sie in ihr Taxi steigt und weg fährt…
Der Tag war ein guter Tag für Chapi. Prinzessin Consuela wurde nie wieder gesehen… An dem Tag hat auch Chapi etwas wichtiges gelernt. Klar weiß er, wie klein und schwach er ist, genau wie Edgard. Doch Worte sind stark und die Wahrheit noch viel mehr.